Hafer, Avenin und Gluten: Was ist was?
Was ist Gluten – und was ist Avenin?
Gluten ist ein Klebereiweiß, das in bestimmten Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Gerste vorkommt. Es sorgt dafür, dass Teige elastisch werden und gut zusammenhalten. Gluten besteht aus speziellen Eiweißen, die in jeder Getreideart etwas anders heißen: In Weizen zum Beispiel heißt es Gliadin, in Gerste Hordein und in Roggen Secalin.
Hafer enthält kein typisches Gluten wie Weizen, aber ein ähnliches Eiweiß namens Avenin. Avenin gehört zur gleichen Eiweißgruppe wie Gliadin, ist aber anders aufgebaut und kommt im Hafer auch in viel geringerer Menge vor. Deshalb ist Hafer für viele Menschen mit Glutenunverträglichkeit besser verträglich.
Warum ist Hafer oft besser verträglich?
Der Unterschied liegt im Aufbau der Eiweiße. Für Menschen mit Zöliakie sind bestimmte Abschnitte im Gluten gefährlich, weil sie im Körper eine Entzündung im Darm auslösen können. Diese Abschnitte kommen im Avenin nur sehr selten vor. Außerdem ist im Hafer insgesamt viel weniger von diesen Eiweißstoffen enthalten – das entlastet den Darm zusätzlich.
Studien zeigen: Die meisten Menschen mit Zöliakie vertragen Hafer gut, wenn er nicht mit anderen Getreiden wie Weizen oder Roggen vermischt wurde. Deshalb ist die Reinheit des Hafers so wichtig.
Hafer bei Zöliakie – was man wissen muss
Ist Hafer bei Zöliakie erlaubt?
Ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen. Der Hafer muss garantiert glutenfrei angebaut, geerntet und verarbeitet worden sein. Solcher Hafer ist speziell gekennzeichnet, zum Beispiel mit dem Symbol der durchgestrichenen Ähre.
In Ländern wie Finnland oder Schweden ist Hafer seit Jahren ein fester Bestandteil der glutenfreien Ernährung. Auch in Deutschland erlaubt die Zöliakie-Leitlinie den Verzehr von glutenfreiem Hafer – am besten aber erst einige Monate nach der Diagnose und in Absprache mit dem Arzt.
Gibt es Ausnahmen?
Ja, bei etwa 5 % der Menschen mit Zöliakie kann selbst reiner Hafer zu Beschwerden führen. Forscher haben dafür bestimmte Eiweißstücke im Avenin verantwortlich gemacht, die bei wenigen Menschen eine Abwehrreaktion im Körper auslösen. Das ist aber sehr selten. In Studien hatten die allermeisten Teilnehmer keine Probleme mit Hafer – vorausgesetzt, er war wirklich sauber und unvermischt.
Warum denken viele, Hafer enthalte Gluten?
1. Verwirrung durch Begriffe
Manche Fachtexte bezeichnen auch Avenin als eine Art "Gluten". Aber im Alltag meint man mit "Gluten" fast immer das Eiweiß aus Weizen & Co. – und nicht Avenin aus Hafer. Diese sprachliche Verwirrung führt oft zu falschen Annahmen.
2. Alte Empfehlungen
Früher wurde Zöliakiepatienten geraten, Hafer ganz zu meiden. Diese Warnungen sind in vielen Köpfen geblieben, obwohl neue Studien etwas anderes zeigen.
3. Verunreinigter Hafer
Normale Haferprodukte enthalten oft Spuren von Weizen, Gerste oder Roggen. Das kann durch die Ernte, Lagerung oder Verarbeitung passieren. Deshalb ist "glutenfreier Hafer" nur dann sicher, wenn er von Anfang bis Ende getrennt vom anderen Getreide behandelt wurde.
4. Unklare Produktkennzeichnung
Viele fragen sich: "Wenn es glutenfreien Hafer gibt – ist normaler Hafer dann automatisch glutenhaltig?" Nein – aber er kann Spuren von Gluten enthalten. Und weil das gefährlich sein kann, braucht es klare Hinweise auf der Verpackung.
Wie ist Hafer in verschiedenen Ländern geregelt?
Europäische Union (z. B. Deutschland)
Hafer darf nur dann als glutenfrei verkauft werden, wenn er nachweislich weniger als 20 mg Gluten pro Kilo enthält und nicht mit anderem Getreide vermischt wurde. Solche Produkte erkennt man am Symbol mit der durchgestrichenen Ähre.
USA
Hier gelten dieselben Grenzwerte wie in der EU. Auch in den USA darf Hafer als glutenfrei verkauft werden, wenn er unter dem Grenzwert liegt und nicht verunreinigt ist. Viele Hersteller lassen ihre Produkte freiwillig testen und zertifizieren.
Fazit: Hafer ist meist gut verträglich – aber nur in reiner Form
Reiner Hafer enthält kein echtes Gluten, sondern Avenin – ein ähnliches, aber oft besser verträgliches Eiweiß. Wer Zöliakie hat, sollte nur Haferprodukte kaufen, die ausdrücklich als "glutenfrei" gekennzeichnet sind. So lässt sich das Risiko einer Verunreinigung vermeiden. Für die große Mehrheit der Betroffenen ist Hafer dann eine sichere und wertvolle Ergänzung der glutenfreien Ernährung.
Hinweis: Dieser Artikel informiert allgemein über den aktuellen Stand der Forschung. Er ersetzt keine medizinische Beratung. Wenn du Zöliakie hast, sprich mit deinem Arzt, bevor du Haferprodukte in deine Ernährung aufnimmst.